Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe, Beantragung
Prozesse zu führen, kostet Geld – auf Kläger- und Beklagtenseite. Wer die Kosten nicht aufbringen kann, hat ggf. Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt insbesondere, dass der Antragsteller an die Gerichtskasse nur die festgesetzten Raten zu entrichten hat. Dies betrifft auch die Kosten, die entstehen, wenn ihm das Gericht zur Vertretung einen Rechtsanwalt beiordnet. Sie befreit jedoch nicht von der Pflicht, im Falle des Unterliegens dem Gegner die diesem entstandenen Kosten zu erstatten.
Über die Prozesskostenhilfe wird für jede Instanz gesondert entschieden.
In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit heißt die Prozesskostenhilfe "Verfahrenskostenhilfe". Sie richtet sich im Wesentlichen nach denselben Voraussetzungen wie die Prozesskostenhilfe.
Die Prozess- und Verfahrenskostenhilfe ist nachrangig zu einem Prozess- und Verfahrenskostenvorschuss. Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten kann gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten ein Anspruch darauf zustehen, die Kosten für einen Rechtsstreit in persönlichen Angelegenheiten vorzuschießen (sog. unterhaltsrechtlicher Vorschussanspruch). Dieser Anspruch ist Ausfluss der Unterhaltspflicht. Er besteht nur für solche Rechtsstreitigkeiten, die eine enge Beziehung zur Person oder den Bedürfnissen des unterhaltsberechtigten Ehegatten aufweisen (wie z. B. die Ehe betreffende Verfahren, aber auch Betreuungssachen, Verfahren betreffend Ehre oder Freiheit, die Wiederherstellung der Gesundheit, etc.). Das Gleiche gilt für volljährige Kinder gegenüber ihren unterhaltspflichtigen Eltern. Besteht dieser Vorschussanspruch und kann er zeitnah durchgesetzt werden, so entfällt der Anspruch auf Prozess- und Verfahrenskostenhilfe.
Das für die Unterhaltssache zuständige Familiengericht kann auf Antrag des Unterhaltsberechtigten den Unterhaltspflichtigen, z. B. den Ehegatten, durch einstweilige Anordnung zur Leistung eines Kostenvorschusses für das gerichtliche Verfahren verpflichten.
Im Arbeitsgerichtsprozessgelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechend.
Im Sozialgerichtsprozessgelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechend, obwohl das Verfahren in den meisten Fällen kostenfrei ist und nur für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht ein Vertretungszwang besteht. Auf Antrag des Beteiligten kann das Gericht den beizuordnenden Rechtsanwalt selbst auswählen. Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen anderen Bevollmächtigten (z. B. Mitglied oder Antragsteller einer Gewerkschaft oder eines Verbandes) vertreten ist.
Im Verwaltungsgerichtsprozessgelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechend.
Voraussetzung ist, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss außerdem hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen.
Um die finanzielle Belastbarkeit des Antragstellers festzustellen, ist das sog. einzusetzende Einkommen zu ermitteln. Dies ist das Nettoeinkommen abzüglich bestimmter Beträge, die dem Antragsteller und seiner Familie für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen müssen, der Kosten der Unterkunft und Heizung sowie ggf. außergewöhnlicher Belastungen. Von dem verbleibenden Betrag des monatlichen Einkommens sind bis zu 48 Monatsraten in der Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens anzusetzen. Der Antragsteller muss außerdem sein Vermögen einsetzen, soweit ihm dies zumutbar ist.
Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung vier Monatsraten zuzüglich der aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
Hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht dann, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist.
Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist schriftlich, über den elektronischen Rechtsverkehr oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. Die Einreichung eines Antrages auf Prozesskostenhilfe mittels E-Mail ist unzulässig. Informationen, wie Sie digital mit dem Gericht kommunizieren können, finden Sie auf den Internetseiten des jeweiligen Gerichtes.
Zuständig ist das Prozessgericht, das mit dem Vollstreckungsverfahren befasste Gericht bzw. – sofern die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt – das für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Amtsgericht.
Im Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (insbesondere Einkommen, Vermögen, Unterhaltsverpflichtungen und sonstige Verbindlichkeiten) sowie Belege zu den gemachten Angaben sind zwingend beizufügen. Für die Erklärung ist ein Vordruck zu verwenden, der beim Gericht oder im Internet über das Justizportal des Bundes und der Länder abgerufen werden kann.
Das Gericht kann zur Beurteilung der Erfolgsaussichtenund zur Beurteilung der Frage, ob die Rechtsverfolgung mutwillig erscheint, Nachforschungen anstellen. Es kann insbesondere die Vorlage von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nur in Ausnahmefällen vernommen. Vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist dem Gegner des Antragstellers in der Regel Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Eine Änderung ihrer Anschrift hat die bedürftige Partei dem Gericht unverzüglich von sich aus mitzuteilen.
Verbessern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der bedürftigen Partei, so muss sie dies dem Gericht ebenfalls sofort mitteilen. Eine Einkommensverbesserung ist dabei als wesentlich anzusehen, wenn die Differenz zu dem bisher zugrunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 EUR übersteigt. Die gleiche Grenze ist zugrunde zu legen, wenn berücksichtigungsfähige Belastungen entfallen.
Verschlechtern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei, so kann bei bisheriger Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe ein neuer Antrag sinnvoll sein.